Springer hat klug verkauft und klug behalten

Warum hat Springer seine regional verwurzelten Standbeine verkauft? Die taz meint die Antwort zu kennen, aber sie schaut zurück, nicht nach vorne, sie sieht die Welt aus ihrer Sicht, nicht aus der Sicht eines großen Verlagshauses. Die taz ist und bleibt Meinungs- und Weltanschauungsblatt, sie ist keine bedeutende Zeitung, Deshalb irrt der Autor.


Dort steht:

Warum nicht die schon immer defizitäre Welt aufgegeben wurde, sondern gestandene regionale Tageszeitungen wie das Hamburger Abendblatt, lässt sich einfach beantworten. Für die Welt hätte man nichts bekommen.

Die Strategen bei Springer sind klüger als der bloggende taz-Redakteur. Ich vermute den Strategen bei Springer ist aufgefallen, was dem Leser auch immer wieder auffällt seit es das Internet gibt, seit plötzlich Zeitungen, Artikel und Themen für jeden Leser leicht vergleichbar geworden sind.

Portale wie google-news, oder auch Apps wie „Flipboard“, letztlich auch der schlichte Aufruf verschiedener Presseangebote im Internet machen es deutlich:

Die meisten Artikel, online oder Print, bestehen heute aus dem Titel, einer fettgedruckten Kurzzusammenfassung, die meist dicht am Original der Pressemeldung ist, und dem eigentlichen Artikel. Der sollte dann die journalistische Leistung ausmachen. Das tut er aber fast nie. Meist ist der Artikel nur eine Langfassung der Kurzzusammenfassung, ohne wirklich neue Inhalte.

Mit anderen Wirten, die Information wiederholt sich, ohne dass neues dazu kommt. Es ist fast egal welche Zeitung ich lese, ich lese überall dasselbe. Das hat mit gutem Journalismus nichts zu tun, das ist Massenproduktion.

Die „gestandenen regionalen Tageszeitungen“ sind auch Berichterstatter aller, nicht nur regionaler Ereignisse, sie bieten das Weltgeschehen in der gleichen Weise wie überregionale Zeitungen.

Bleibt ihre regionale Kompetenz als Alleinstellungsmerkmal, als Kaufgrund?
Bieten sie dem Leser Information über Ereignisse in seinem Lebensumfeld?

Schön wäre es, es ist aber nicht so. Aus wirtschaftlichen Gründen schließen sich Regionalzeitungen zusammen, haben einen Mantel, der mit einzelnen regionalen Einsprengseln ergänzt wird. Die noch bestehende Vorstellung vom regionalen, lieb gewordenen Käseblatt ist nur noch Romantik, aber nicht mehr real.
Die regionale Lücke wird heute von Werbeblättern gefüllt, die oft sehr kleinteilig berichten, die sich zu 100% aus Werbung finanzieren, die gratis verteilt werden. In der kleinteilig regionalen Information halte ich diese Blätter für unterschätzt. Auch solche Blätter hat Springer im Angebot, die hat Springer wohl nicht verkauft.

Wenn man das Gesagte mal als richtig annimmt, dann hat Springer weitsichtig und logisch gehandelt.

Was braucht der Verlag?
Eine Zeitung, bei der man dann vielleicht wirklich in Qualitätsjournalismus investiert, die eine starke Position im Internet aufbaut: „Die Welt“.

Eine Zeitung fürs Grobe: „Bild“.

Für die regionale Berichterstattung: gratis Werbeblätter.

Jedes weitere Blatt wäre nichts anderes als ein redundantes, sich selbst wiederholendes Produkt, das der Verlag nicht braucht.

Ich glaube, dass die mir eigentlich eher unsympathischen Diekmänner und Döpfners bei Springer sehr gut verstanden haben, wie die Zukunft des Journalismus aussehen könnte und konsequent danach handeln. Während andere noch der traditionsreichen Vergangenheit nachweinen, dabei aber die Zukunft nicht sehen und noch nach den überholten Regeln spielen, stellt sich Springer neu auf.