Der Gesang der Drossel soll nur ablenken

Wenn man sich das aktuelle Geschehen rund um die Aktion Volumentarif der Telekom ansieht, dann scheint mir das nichts als ein geschicktes Manöver, um das eigentliche Anliegen zu verstecken.

Während sich alle Netzies über die Drosselung der Datenrate aufregen, geht das eigentliche Anliegen der Telekom im Grundrauschen der Erregung unter.

Seien wir realistisch. Sicher, wer regelmäßig, mehrmals die Woche, HD-Videos läd oder über das Netz sieht, den trifft die Volumenbegrenzung. Wer heute einen VDSL-Anschluss mit 200GB monatlichem Volumen bucht ist aber eigentlich sorgenfrei. Auch wenn er nur Internetradio hört und ab und an einen Film im Amazon- oder dem apple- oder einem anderen Store kauft. Also ein normales Surfverhalten hat.
Bei dem heutigen Nutzerverhalten ist das alles kein Problem. Doch dieses Verhalten wird sich ändern.

Die Gefahr lieg darin, dass Anbieter verschiedener Errreichbarkeit, verschiedener Wertigkeit geschaffen werden. Die Gefahr liegt darin, dass Inhalte und technische Erreichbarkeit miteinander verbunden werden.

Nicht der User wird letztlich für das genutzte Volumen zahlen müssen, sondern der Anbieter. Wer zahlt kommt ins Netz, seine Daten werden bevorzugt und außerhalb von Mengenbegrenzungen verbreitet. Wer nicht zahlt wird nachrangig, langsamer und teurer für den Nutzer verbreitet. Dabei wird es dann egal sein welches Freivolumen der Nutzer noch hat.

Das internet ist das erste Medium, im dem alle Anbieter gleich sind.
Der entscheidende Wert ist, das jeder alles zeigen und jeder alles sehen kann. Im Rahmen der allgemeinen Gesetze.

Der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste deutsche Zivilgericht, vertritt dazu folgenden Standpunkt:

Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung.

Die vom BGH gesehene Notwendigkeit des Internets im alltäglichen Leben, gerade zur Beschaffung und zum Austausch von Information als grundlegendes Element des demokratischen Staates, erfordern nicht nur den passiven Zugang, sondern auch die technisch gegebene Möglichkeit Informationen anzubieten und zu verbreiten. Eigene Informationen mit andern zu teilen.

Das Recht auf eine gleichberechtigte Weiterleitung aller Informationen, gleich von wem sie kommen, nennt man Netzneutralität. Sie ist unverzichtbar.

Diese Netzneutralität aber wird beschädigt, ihr gilt die Änderung des Verhaltens der Telekom.
Die Verbreitung von Information, damit auch die Möglichkeit Information zu erhalten, soll durch den Netzbetreiber kontrolliert und bestimmt werden.

Informationsanbieter werden nicht neutral, also alle gleich behandelt, sondern sie werden ja nach Bezahlung bevorzugt.

Ein marktbeherrschendes Unternehmen (typischerweise die Deutsche Telekom) ist verpflichtet, „Wettbewerbern auf diesem Markt diskriminierungsfrei den Zugang zu seinen intern genutzten und zu seinen am Markt angebotenen Leistungen, soweit sie wesentlich sind, zu den Bedingungen zu ermöglichen, die es sich selber bei der Nutzung dieser Leistungen für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräumt“ (§ 33 TKG 1996).

Das will die Telekom aber aus einsehbaren wirtschaftlichen Gründen nicht. Also unterscheidet sie zwischen ihren eigenen Unterhaltungs- Informationsangeboten und dem übrigen Internet.

Was die Telekom über den Internetanschluss anbietet, das ist nicht Internet, sondern nur zufällig auf derselben Leitung. Wenn andere dasselbe anbieten, auch auf derselben Leitung, dann ist das Internet und sie müssen zahlen, damit der Empfänger die Information und die Unterhaltung erhalten kann.
Formal will die Telekom verdienen, faktisch zensiert sie Informations- und Unterhaltungsanbieter.

Die Telekom „schließt“ den Markt. Nur zahlungskräftige Konzerne können ihre Information noch verbreiten. Wie schrieb der BGH:

Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist.

Deshalb wäre eine Trennung des Netzes von den Inhaltsanbietern dringend geboten.