Walī ad-Dīn ʿAbd ar-Rahmān ibn Muhammad Ibn Chaldūn al-Hadramī (* 27. Mai 1332 in Tunis; † 17. März 1406 in Kairo) war einer bedeutendsten arabischen Historiker.
Er erklärt die Legitimität von Staatsmacht und ihre Wurzeln mittels des von ihm umgedeuteten altarabischen Begriffs der Asabiyya.
Die Übersetzung dieses Begriffs Asabiyya stellt sich als schwierig dar – die Bedeutungen reichen von „Stammeszugehörigkeitsgefühl“, „Blutsbande“ und „Sippensolidarität“ bis zu „Gruppengefühl“ und Formen von Solidarität, die sich nicht allein auf Blutsverwandtschaft begründen (z.B. Klientelverhältnisse).
Die Asabiyya ist bei Ibn Chaldun eine wesentliche Voraussetzung für die Gründung und für den Erhalt der weltlichen Macht in jeder Epoche der Geschichte.
Ibn Chaldun geht davon aus, dass die radikalste Form des Zusammenhalts in der Asabiyya bei den Nomaden vorherrscht, die nicht zögern, ihre Asabiyya stets bis zum Äußersten zu verteidigen.
Gelingt es nun einer Asabiyya, sich überregionalen Einfluss zu verschaffen, schließen sich ihr andere Gruppen an. Es entsteht eine Groß-Asabiyya. Ihr Einfluss kann so weit gehen, dass sie mit Hilfe ihrer neuen „Mitglieder“ sich ganze Königreiche und Imperien zusammenerobert.
Da nichts erfolgreicher macht als Erfolg, schließen sich in der Folge immer mehr Gruppen und Einzelpersonen der wachsenden Asabiyya an und bereichern sie dadurch personell, kulturell und machtpolitisch.
Ihre personelle Überdehnung führt allerdings auch dazu, dass die Asabiyya zunehmend an Energie verliert. Ihre führenden Köpfe wohnen nun auch nicht mehr in der Wüste, die den Menschen abhärtet, sondern in verweichlichenden Städten.
Die Asabiyya verliert an Gefährlichkeit, ihre Anhänger sehen sich nach würdevolleren und stärkeren Asabiyyen um, denen sie sich lieber anschließen wollen.
So dauert es vom Aufstieg einer Assabiya zum Imperium bis hin zu ihrem Untergang stets nur vier Generationen.