Scheinwelten, oder die gebaute Wirklichkeit


Wir sind eine Palavergesellschaft …

sagt Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky. Er meint damit, dass geredet und geredet, aber nicht gehandelt, nichts verändert wird.

Ich glaube es ist schlimmer. Was er als Palavergesellschft wahrnimmt ist in Wirklichkeit ein fortschreitender Realitätsverlust.

Woher der Realitätsverlust? Derealisation als gesellschaftliche Verhaltensweise?

Ich glaube er ist auch Folge von populärwissenschaftlicher Soziologie. Populärwissenschaftliche Soziologie soll nicht die Wissenschaftler auf dem Gebiet angreifen, sondern meint alle jene, die meinen im Besitz sozialwissenschaftlichen Wissens zu sein und damit unsere Probleme beschreiben zu können, Entwicklungen zu erkennen und Lösungen erarbeiten zu sollen.

Das sind zuerst Journalisten und Politiker, die aus Welten berichten an denen sie nicht teilhaben, die sie aber meinen aufgrund ihres Wissens intellektuell zu durchdringen.

Eigentlich machen sie alles richtig, denn sie gehen in ihrer Methodik wissenschaftlich vor, meinen sie.

Wie funktioniert das?

Die Schlüsselworte sind Abstraktion und Theorie.

Abstraktion ist die Methode die Wirklichkeit nicht anhand ihrer selbst darzustellen, sondern anhand gefundener oder gebildeter Beispiele.

Beliebt Floskeln dabei sind „man weiß …“ , „wie wir alle wissen …“, wie Studien belegen …“, „die Erfahrung zeigt …“

Alles was so „belegt“ wird ist nichts als eine reine Behauptung, die keinen sachlichen Hintergrund erkennen lässt. Schlimmer, hier versucht der Argumentierende seine eigene Wirklichkeit zu erzeugen, um dann aus dieser heraus zu argumentieren. Kein Wunder wenn er dann Recht hat.

Eine gute Theorie ist das zweite Mittel zur Vermeidung der Wirklichkeit.

Grundsätzlich sind Theorien in der Wissenschaft wichtig und ein nützliches Arbeitsmittel. Aber eben ein Arbeitsmittel, nicht mehr.

Was ist eine Theorie?

Eine Theorie ist ein vereinfachtes Bild eines Ausschnitts der Realität, der mit diesem Bild beschrieben und erklärt werden soll, um auf dieser Grundlage möglicherweise Prognosen zu machen und Handlungsempfehlungen zu geben.

Jeder Theorie liegen mehr oder weniger deutlich ausformulierte Annahmen zugrunde.

Es lassen sich Alltagstheorien und wissenschaftliche Theorien unterscheiden. Letztere unterscheiden sich von ersteren durch höheren Grad an Bewusstheit, ausdrückliche Formulierung, größeren Umfang und meist durch die Einbeziehung von systematischer Beobachtung, die der Prüfung der Theorien dient (empirische Prüfung).

Kurz gesagt, eine Theorie stellt die Grundannahmen die ich mache so dar, dass sie zusammen passen.

Wenn ich jetzt aus der Wirklichkeit einen passenden Ausschnitt nehme, ein abstraktes Beispiel daraus bilde, also abstrahiere, dann meine gebildeten, wohl besser gesagt erfundenen, Beispiele in eine Theorie einbinde, die ich ersonnen habe, um sie logisch widerspruchsfrei zu verbinden, das Ganze dann populistisch formuliere, dann habe ich den perfekten Politiker.

So kann man alles genauso gut begründen wie das Gegenteil davon, perfekt.

Irritieren Sie mich nicht mit Tatsachen, ich habe meine eigene Meinung!

Alles nicht neu, ich weiß der alte Schopenhauer hatte das schon besser bechrieben.