Tsipras geniale Taktik

Der griechische Ministerpräsident Tsipras verfolgt eine klare Taktik, und sie geht auf. 

Das ist aber nur zu erkennen, wenn man sich von dem Denken der restlichen europäischen Demokratien löst. Tsipras verfolgt ein Ziel, das sich der Vorstellungskraft der anderen Euroländer entzieht. 

Die Europäer gehen davon aus, dass „die Griechen“ und Herr Tsipras im Euro bleiben wollen, dass sie Geld brauchen und wollen. Das ist falsch. Jedenfalls was die griechische Regierung angeht. 

Ein immer wieder gehörtes Argument ist, dass niemand die Schuld, den schwarzen Peter, für einen „Grexit“ übernehmen will. Nicht Frau Merkel, nicht die EZB, nicht die Eurogruppe, nicht der IWF. 

Einer wird dabei immer übersehen, der am allerwenigsten Schuld am „Grexit“ sein will, den „Grexit“ aber will und dringend braucht. 

Das ist Alexis Tsipras.
Tsipras sind zwei Fakten bewusst:

  • Die Bürger Griechenlands wollen mehrheitlich den Euro nicht verlassen. 
  • Innerhalb des Euro ist die Verwirklichung einer marxistischen Politik unmöglich. 

Alexis Tsipras will sein Ziel einer marxistischen Politik erreichen.
Dazu braucht er den „Grexit“, aber er muss Folge und Schuld des Handelns Dritter sein.

Tsipras braucht Chaos und Elend, um seine Politik umsetzen zu können. 

Tsipras muss sich so verhalten, dass die anderen Euroländer tun was er will, dass sie Ihm den „Grexit“ schenken, damit nicht er die Schuld daran trägt.

Auch das Referendum ist unter diesem Gesuchtspunkt ein genialer Schachzug, denn wieder ist es nicht Tsipras Schuld, dass er ein Angebot der Euroländer nicht angenommen hat. Das Volk hat es nicht gewollt!

Die Pleite griechscher Banken ist aus Tsipras Sicht kein Unglück, sondern gute Gelegenheit sie zu verstaatlichen. Der Zusammenbruch der Wirtschaft keine Katastrophe, sondern Gelegenheit zu Planwirtschaft und umfangreichen Verstaatlichungen. 

Sieht man die griechische Politik unter diesem Ziel ist das Verhalten schlüssig. Es ist weder naiv noch dumm. Es ist nicht ein Ergebnis von Unerfahrenheit oder politischem Dilletantismus, sondern professionell und auch „spieltheoretisch“ absolut logisch und erfolgreich. 

Das selbstbewusste und provozierende, arrogante Auftreten ist nicht gespielt, sondern berechtigt, denn die Dinge laufen genau so wie es geplant ist, und die Gegner merken es nicht. 

Chapeau!

Selektive Wahrnehmung

Griechenland. Im Fernsehen wird zum Börsenfachmann geschaltet, um sich über die Auswirkungen der griechischen Krise auf den Aktienmarkt berichten zu lassen. Es kommt der zu erwartende Beitrag: Der Mann berichtet, dass die Kurse wegen der Griechenlandkrise um ein, zwei oder vielleicht drei Prozent gesunken sind. 

Stimmt das? Ich meine nicht ob die Kurse gefallen sind, sondern ob das etwas mit Griechenland zu tun hat.

Wir sind im Moment mit unserem Blick auf Griechenland fixiert, also ist in unserer Wahrnehmung alles was passiert eine Folge der Ereignisse in Griechenland. Wir sehen das zwei Dinge gleichzeitig passieren, von denen eines unsere Wahrnehmung voll in Anspruch nimmt, und erkennen sofort einen vermeindlichen Zusammenhang. 

Aber so funktioniert die Welt nicht. Es ist nicht so, dass unsere Wahrnehmung die Realität schafft. 

Wir sehen nach Griechenland und meinen eine Ursache für sinkende Aktienkurse zu erkennen, aber gleichzeitig blenden wir anderes aus. 

Aktienmarkt im Sinkflug
Chinas Baisse wird zur nationalen Krise

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Job-Boom in den USA hält an.

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Saudischer Prinz Walid verschenkt Vermögen
Umgerechnet 29 Milliarden Euro sollen einer Hilfsorganisation zugute kommen.

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Hätten wir nicht gerade Griechenland fest im Blick wùrde der Mann im Frankfurter Börsensaal sicher von China reden, dem Risiko unserer Wirtschaft durch einen denkbaren Börsecrash in China, oder der Jobentwicklung in den USA als wichtigem Konjunkturzeichen. Vermutlich hätte er Recht, wenn wir nicht vielleicht gerade noch etwas anderes übersehen. 

Westgeld

Regierungserklärung der Kanzlerin heute.

Ein gutes Zeichen für Europa. Frau Merkel macht klar, dass Regeln  und Absprachen gelten. Ich habe heraus gehört, dass es für Griechenland keine Sonderrolle mit deutscher Unterstützung geben wird. 

Das wird den Euro stärken, nicht schwächen, auch wenn Griechenland dabei verloren geht. Nicht eine griechische Pleite gefährdet den Euro, sondern eine Erpressbarkeit  der EU und eine Beliebigkeit in den Entscheidungen Europas. 

Das nächste Land für das dies ein Hinweis sein kann, auch das wurde von Fr. Merkel angesprochen, ist Großbritannien. Es gibt Vereinbarungen in der EU die ihren gemeinschaftlichen Überzeugungskern außerhalb einer Wirtschaftsunion ausmachen. Ein Kern von Vereinbarungen, die unverzichtbar sind. 

Bleibt Europa hart, dann wird Griechenland eine Form von Parallelwährung einführen (müssen), in der staatliche Leistungen gewährt werden. Damit wird es das bekannte Problem geben: Niemand wird dafür freiwillig etwas verkaufen. Also muss der Handel dazu verpflichtet werden. Das wird dazu führen, dass viele Waren einfach nicht mehr da sein werden, oder es sie nur noch unter dem Ladentisch gegen „Westgeld“ also Euros geben wird. 

Um den Wert der staatlichen Gutscheine, eigentlich schon Lebensmittelmarken, aber wenigstens einigermaßen zu garantieren bedarf es einer Zwangswirtschaft, die von der Erzeugung und vom Import bis zur Warenausgabe alles regelt. Also einer Planwirtschaft, was eine alte sozialistische Idee ist. 

In Griechenland herrscht eine sozialistische Partei. Warum also soll es nicht so sein, dass sie diesen Systemwechsel will, um endlich aufräumen zu können? Fraglich  ist nur, ob die neue (sozialistische) Ordnung nach dem großen Umbau, dem Aufräumen besser ist als das verlotterte System davor. 

Alle Erfahrung mit realsozialistischen Systemen spricht dagegen. 

Nie wieder Bankenrettung!

In Griechenland, so liest man hier und da gingen Menschen auf die Bank, um ihr Geld abzuheben.

Ich kann die Leute verstehen, würde es wohl auch so machen, denn wenn die Banken pleite sind, dann ist das Bar- und Spargeld der kleinen Leute weg, sind die Gelder von Handwerkern und kleinen Ladenbesitzern und die Sparguthaben der Häuslebauer weg. Nicht weg sind die Siemens- oder Apple-Aktien der Wohlhabenderen.
Ein reicher Grieche, der Aktien hat, dem droht bei einer Pleite seiner Hausbank kaum ein Ungemach, aber wer ein Gehaltskonto, seine Rente, ein Spar- oder Geschäftskonto, oder eben einfach sein Bares auf der Bank hat, der verliert es mit der Bankenpleite. Da ist Abheben, bevor es alle tun, oder es nur noch Drachmen gibt statt Euro oder Dollar, ein guter Rat, denn eines darf es unter keinen Umständen wieder geben: Bankenrettung.
Als Linker weis man ja::

Durch die Bankenrettung werden daher die Superreichen in Europa massiv unterstützt, während Beschäftigte, Rentnerinnen und Rentner die Zeche für die Krise in Europa zahlen.